Ohne Kompass nach Oye

Ohne Kompass nach Oye

Gänzlich ohne Navigationshilfe in freier Natur auf den inneren Kompass zurückgeworfen zu sein, löst ein breites Spektrum an Gefühlslagen aus: Orientierungslosigkeit, Unsicherheit, Unrast – aber auch Abenteuerlust, Entschlossenheit, Aufbruchstimmung. Die ganze Bandbreite dieser Emotionen ist in Klaus Schiffermüllers Werken widergespiegelt; am unmittelbarsten lässt sie sich in der direkten Konfrontation mit seinen großformatigen Leinwandbildern erfahren: Jedes der Bilder für sich bildet eine in sich geschlossene Erzählwelt, die in ihrem komplexen Zusammenspiel aus Farbkomposition, Blickführung, Perspektive und Maltechnik eine unverwechselbare, je individuelle Stimmung erzeugt.

Und genau diese Stimmung stellt das Verbindende, den gemeinsamen Nenner aller Werke von Schiffermüller dar: über sämtliche Techniken, Dimensionierungen und Farbschemata hinweg eint sie alle der unverstellte Blick auf die Natur, der das Gesehene aufnimmt, transformiert und in eine subjektive, persönliche Bildersprache übersetzt. Seine Bildwelten, die sich in der liminalen Zone zwischen Realität (bzw. realer Landschaft als Ausgangspunkt) und Imagination/Transformation bewegen, geben diese Ambivalenz wieder.

Das atmosphärische Spektrum reicht dabei von der meditativen Ruhe, die das 2019 entstandene „Monkey Moon“ mit seinen in die Tiefe des Waldes gerichteten Farbperspektive in Grün- und Blautönen ausstrahlt, über das hitzeflirrende Sommertagsgefühl in „Sucher“ bis hin zur übersprudelnden Lebensfreude eines Konfettiregens, an den „Deinen ganzen Geist“ mit seinem pastosen Farbauftrag in kräftigen, unverstellten Primärfarben denken lässt. Das furiose „See you later“ wiederum schafft eine traumartige Kulisse, in der nichts auf menschliche Präsenz verweist – verortet irgendwo zwischen Paläozoikum und Apokalypse. Paralleluniversen wie dieses sind es auch, in denen Schiffermüllers Stil, seine schöpferische Kraft klar und ganz unverstellt zutage treten: Er erzählt Von der Welt wie jemand, der sich ihr aus einer auktorialen Perspektive nähert, als Unbeteiligter seinen analytischen Blick von außen darauf richtet.

Stephanie Hallinger
(Textauszug aus dem Katalog)
To Oye Without a Compass

Being forced to rely on your inner compass in the great outdoors without any instruments to help you find your bearings triggers a wide range of feelings: disorientation, uncertainty, agitation, yet also a zest for adventure, determination, a spirit of optimism. Klaus Schiffermüller’s works reflect the entire spectrum of these emotions, which can be experienced with the greatest immediacy in direct encounters with his large-format canvas-based paintings: Each forms a self-contained narrative world, creating an inimitable, individual ambience through the complex interplay of the colour composition, how the gaze is directed, the perspective and the painting technique.

It is precisely this mood that constitutes the connection, the common denominator in all Schiffermüller’s works: an unadorned view of nature that absorbs what the artist sees, transforms it and translates it into a subjective, personal visual language is common to all his art, spanning the gamut of techniques, dimensions and colour schemes that he deploys. This ambivalence is manifested in his pictorial worlds, which occupy the liminal zone between reality (or rather real landscapes as a point of departure) and imagination/transformation.

The atmospheric spectrum ranges from the meditative tranquillity radiated by Monkey Moon (2019), with its colour perspectives in green and blue shades that draw us into the depths of the forest, to the sense of shimmering heat on a summer day in Sucher [Searcher] or the effervescent joie de vivre of confetti rain evoked by Deinen ganzen Geist [Your Entire Spirit], with paint applied impasto in strong, unadulterated primary colours. The compellingly powerful See you later, on the other hand, creates a dreamlike setting with no hint of human presence – set somewhere between the Palaeozoic and the Apocalypse. It is also in such parallel universes that Schiffermüller’s style and creative force emerge clearly and absolutely directly: His account Von der Welt [Of the World] seems to adopt an authorial perspective, like an uninvolved party turning an analytic gaze upon it from an external vantage point.

Stephanie Hallinger
(from the text for the exhibition catalogue)
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